By J. L. Talmon (auth.)
Das vorliegende Buch versucht zu zeigen, daß sich im achtzehnten Jahrhunder- gleichzeitig mit dem liberalen Typ der Demokratie und aus denselben Prämissen heraus - eine Tendenz in Richtung auf das anbahnte, was once wir als totalitären Typ der Demokratie bezeichnen möchten. Beide Strömungen haben seit dieser Zeit ohne Unterbrechung nebeneinander bestanden. Die Spannung zwischen ihnen bildet ein wichtiges Kapitel in der neue ren Geschichte und ist zur entscheidenden Kernfrage unserer Zeit geworden. Es würde natürlich zu weit gehen, wenn guy die ganze Epoche von damals bis heute im Lichte dieses Konfliktes auslegen wollte, und doch conflict er stets vorhanden, wenn auch gewöhnlich überlagert und verdunkelt durch andere Fragen, die zwar den Zeitgenossen klarer erschienen sein mögen, die aber unter dem Blickwinkel unserer heutigen Zeit zufällig oder sogar belanglos anmuten. Von uns aus gesehen - von einem Beobachtungspunkt in der Mitte dieses zwanzigsten Jahrhundert- erscheint in der Tat die Geschichte der letzten hundertfünfzig Jahre als die syste matische Vorbereitung auf den schroffen Zusammenprall zwischen empirischer und liberaler Demokratie einerseits und totalitärer messianischer Demokratie anderer seits - und das ist die Weltkrise von heute.
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Das Paradox verlangt nach Analyse. Es wird allgemein angenommen, Diktatur entstehe und erhalte sich aus der Gleichgültigkeit des Volkes und mangelnder demokratischer Wachsamkeit. Auf nichts besteht nun Rousseau stärker als auf der aktiven und unaufhörlichen Beteiligung des Volkes und jedes einzelnen Bürgers an den Staatsgeschäften. Der Staat ist dem Verfall nahe, sagt Rousseau, wenn der Bürger zu gleichgültig ist, um an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen. Völlig durchdrungen vom Vorbild der Antike, empfindet Rousseau intuitiv das große Erlebnis des Volkes, das versammelt ist, um Gesetze zu erlassen und das Gemeinwohl zu bestimmen.
WIr haben in neuerer Zeit einige Beispiele der seltsamen Kombination von psychologischer Unangepaßtheit und totalitärer Ideologie. In einigen Fällen wird die Erlösung von der Unmöglichkeit, ein ausgeglichenes Verhältnis zur Umwelt zu finden, in der vereinsamten überlegenen Stellung diktatorischer Führerschaft gesucht. Der Führer identifiziert sich mit der absoluten Doktrin, und die Weigerung anderer, sich zu unterwerfen, wird nicht als normale Meinungsverschiedenheit aufgefaßt, sondern als ein Verbrechen.
Wenn eine Regierungsform definitions gemäß als Rechte und Freiheit verwirklichend angesehen wird, wird dem Bürger jedes Recht genommen, sich darüber zu beklagen, daß ihm Rechte oder Freiheit gekürzt werden. Den frühesten praktischen Beweis hierfür lieferte das jakobinische Regime. So kann im Falle Rousseaus sein Souverän vom Bürger den vollen Verzicht auf alle seine Rechte, Güter, Vollmachten sowie auf Person und Leben verlangen und doch behaupten, daß dabei keine wirkliche Preisgabe stattfände.